|
In
unserer Ausstellung Cinque Individualità
zeigen wir vom 9. März bis 21. April Werke
der fünf italienischen Künstler Sandro Chia,
Omar Galliani, Oliviero Rainaldi, Mimmo Rotella
und Tino Stefanoni, die wichtige
Tendenzen der zeitgenössischen italienischen
Kunst exemplarisch repräsentieren. Die
menschliche Figur und ihre sinnliche bis
puristische Darstellungsweise bildet dabei den
thematischen Schwerpunkt. Die Zusammenstellung der
Arbeiten zeichnet sich durch ihren sehr
unterschiedlichen technischen und konzeptuellen
Ansatz aus. Von Bronzeskulpturen, über Mosaiken,
zu Zeichnungen, Bildern in Acryl auf Leinwand und
Décollagen spannt sich der Bogen der künstlerischen
Ausdrucksformen.
Mimmo
Rotella, geboren 1918, konterkariert ästhetisch-erotische
Werbeplakate zeitgenössischer Stilikonen mit
ironischen Schlagworten und Symbolen. Ende der fünfziger
Jahre begründete er zusammen mit Pierre Restany,
Raymond Hains und Jacques de la
Villeglé die Gruppe der „Nouveaux Réalistes“.
Mit ihren Décollagen mehrschichtiger Plakate, die
Sie von ihren ursprünglichen Standorten auf der
Straße entfernten und bearbeiteten, begründeten
sie eine eigene Richtung der europäischen Pop
Art.
Omar
Galliani, Jahrgang 1954, zeigt den weiblichen
Körper in einem sehr zarten, sinnlichen Licht auf
großformatigen Zeichnungen in Kohle, Bleistift
und Blattgold. Teils akzentuiert er seine Bilder
mit kräftigen Farben und unterlegt sie mit
leuchtenden monochromen Flächen. Stets bleibt
jedoch die Aura des Dunklen und Mystischen
erhalten, die er noch durch ornamentale und
verbale Bezüge zu fernöstlichen Philosophien
verstärkt.
Mit
klassischen Ansätzen arbeitet Sandro Chia, Jahrgang
1946, in seinen Mosaiken und Skulpturen, die auf
byzantinische Vorbilder zurückgehen. Die Figuren
der römischen Antike sind ein immer
wiederkehrendes Motiv seiner Arbeiten, die er
kubistisch auflöst und mit kräftigen Farben
kombiniert. Mit Francesco Clemente, Mimmo Paladino
und Enzo Cucchi gehört er zu den wichtigsten
Vetretern der italienischen „Transavanguardia“.
Diesen Namen erhielt eine Generation junger Künstler
Anfang der achtziger Jahre, die der Malerei in
Italien zu einer neuen Blüte verhalfen.
Oliviero
Rainaldis schmale, stilisierte
Bronzeskulpturen besitzen trotz der Schwere ihres
Materials eine puristische Leichtigkeit, die sie
scheinbar über dem Boden und vor der Wand
schweben lassen. Peter Weiermair, ehemaliger
Leiter des Salzburger Kunstvereins beschreibt
Rainaldis Arbeiten in einem Ausstellungskatalog
von 1999 folgendermaßen:
„Oliviero
Rainaldis Figuren, Bronzen und Gipse bewegen sich
in einem ikonographischen Bereich der bildenden
Kunst, welchen mit dieser Ernsthaftigkeit in der jüngeren
Kunstgeschichte niemand mehr betreten hat. Sein
bisheriges, gesamtes Schaffen kreiste um die
Figur, aber er hat mit diesen singulären
Stehenden, Kauernden, Fallenden und Liegenden
einen Reinigungsprozess der Figur in mehrfacher
Hinsicht unternommen. Es sind Wesen, die nicht
einer gewissen Sinnlichkeit entbehren, jedoch kein
Geschlecht besitzen (...) Seine Figuren stehen im
Licht, werden oft erst durch das sie umspielende,
formende Licht geschaffen. Rainaldi strebt eine
ideale Form an, eine ideale Figur ohne jedoch
Pathos oder
Monumentalität
zu intendieren. (...) Rainaldi ist für mich ein
erstaunlicher und erfolgreicher Außenseiter,
dessen Werk mühelos Gegensätze vereint.“*
Einen
Kontrast dazu setzt schließlich Tino Stefanoni
mit Räumen, Architektur- und Landschaftsbildern,
die immer auch den indirekten Verweis auf ihre
Bewohner und Nutzer geben. Bereits in den
siebziger Jahren begann er, Motive auf ihre
graphische Struktur mit starken Kontrasten und
reinen Farben zu reduzieren und führt dieses
Konzept seitdem konsequent weiter. In der
Konzentration auf das Objekt als Stereotyp fühlt
er sich der Tradition von Malern der Renaissance
wie Giotto, Fra Angelico und Massacio verbunden.
*
Aus: “Die Geläuterte Figur”,
Peter Weiermair
Katalog Oliviero Rainaldi,“Caduti”,
Galleria Fabjbasaglia, Rimini, 1999
|