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Es
ist vor allem die Auseinandersetzung mit dem Tod,
die das künstlerische Schaffen Víctor Miras prägt.
Bei dem spanischen Maler handelt es sich jedoch
nicht nur um die Todessehnsucht der deutschen
Romantik, sondern es ist eine tiefer gehende, eine
von den Irrungen des 20. Jahrhunderts ausgehende
und um die Endlichkeit des menschlichen Seins
wissende und diese akzeptierende Verinnerlichung
des Todes.
Ähnlich
den Romantikern, geht es Víctor Mira weder um das
individuelle (und materielle) Ich noch um den
individuellen Tod, sondern vielmehr um ein von
allem Alltäglichen befreites Über-Ich durch
einen Tod, der eine Reihe von Zufälligkeiten
beendet hat. Die aus dieser Befreiung
resultierenden Zustände, die mit den Begriffen
Reinheit, Gefühl und Ursprünglichkeit bezeichnet
werden können, und als eng miteinander verbunden
gedacht werden, spielen auch bei Víctor Mira eine
übergeordnete Rolle.
Victor
Miras Werke bewegen sich außerhalb von Raum und
Zeit und ebenso gestaltet der Künstler sein
Leben, das durch das Prinzip Fremdsein bestimmt
wird. Seit 20 Jahren pendelt der 1949 in Saragossa
Geborene zwischen Barcelona und München sowie Zürich,
Madrid und New York hin und her. Er gehört der
ersten post-franquistischen Generation von Künstlern
an, die nicht wie Tàpies, Saura oder Miró
mittels Verschlüsselungen und Verklausulierungen
einen Ausweg aus der bedrohten Existenz finden
musste. Seine Darstellungen sind Zustands-Bilder,
in ihnen sind Mythen und Mysterien präsent. Er
verbindet in ihnen Traditionen seiner Heimat mit
den kulturellen Vorstellungen Nordeuropas. Die
dunkle und vielschichtige Emotionalität
verschmilzt mit deutschen idealistischen
Vorstellungen, wie sie in der Romantik zu finden
sind, aber auch mit der Liebe zu Bach und damit zu
einer protestantisch strengen Klarheit und
Abstraktion.
Es
ist vor allem der Umgang mit den Farben und
Materialien (massive, wandähnliche Objekte
erinnern stark an die Mauerbilder von Tàpies),
die Vorliebe für Schwarz-Weiß-und
Hell-Dunkel-Kontraste, die erdigen dunklen Farben,
der von seiner spanischen Herkunft zeugt.
Thematiken dann aus Norden (Hirschgeister bis
Zwitschermaschine)????
Ein
Thema, das ihn so sehr faszinierte, dass er es in
den verschiedensten Varianten immer wieder
bearbeitete, ist die „Zwitschermaschine“. Denn
hierin erscheinen ihm Tod und Unsterblichkeit
nahezu vollkommen dargestellt. Als junger Mann
hatte er in einer Zeitschrift die Abbildung der
„Zwitschermaschine“ von Paul Klee (Aquarell
auf Papier, 1922)
gesehen und war tief beeindruckt gewesen:
“Ich habe nie wieder eine so genaue, düstere
und tragische Zeichnung wie die
„Zwitschermaschine“ von Paul Klee gesehen. Ich
bin überzeugt, dass sie eine genaue Wiedergabe
des letzten „Zwitscherns“ ist und nicht
irgendeine Erfindung der Phantasie. Zweifellos ist
der Tod die Unsterblichkeit.“
Eigenständig
und unabhängig geht Víctor Mira seinen
Schaffensweg. Ohne sich einer Strömung oder einem
Stil zu unterwerfen, hält er an seinen gefundenen
und erarbeiteten Ikonographien, die in ihrer
Umsetzung der arte cifra nicht unverwandt sind,
fest. So greift er Themata und Motive wie „La
Cultura del Arco“, „Pinturas de la Noche“,
„Hombres Hilatura“ und „Mediodía“, um nur
einige wenige Beispiele zu nennen, immer wieder
auf und verarbeitet ihre Zeichen und Symbole, von
den Werken in Öl und auf Papier ausgehend, auch
in seinen druckgraphischen Arbeiten.
Die
beiden großen Spanier Velázquez und Goya sind
die Vorbilder, die sein Schaffen nachhaltig
beeinflusst haben und noch beeinflussen. Die
Tradition, die von diesen beiden Künstlern begründet
worden ist, lebt und wirkt in Víctor Miras Werk
wie in dem vieler anderer spanischer Künstler
weiter. Auffallend deutlich tritt seine künstlerische
Verwandtschaft zu den Alten Meistern der
Spanischen Schule in seiner Liebe zum Dunkel und
Schwarz hervor. Für Víctor Mira ist Schwarz ein
Symbol für Ende und Tod, jedoch ebenso für
Neuanfang und Wiedergeburt. |