Andreas Baumgartl / Galerie für Zeitgenössische Kunst

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HELMUT SCHOBER




 

Raum – Licht – Zeit
Zu den neuen Gemälden von Helmut Schober

Helmut Herbst
(publiziert in: Helmut Schober – Lumen, hrsg. Von Peter Anselm Riedl, Verlag Mudima, Mailand 2007)

Zeit ist ein Abstraktum: Wir können sie nicht sehen, nicht greifen, nicht hören, nicht riechen. Sie existiert nur in unseren Köpfen. Als Konstrukt unseres Denkens verbinden wir mit „Zeit“ etwas, das vergangen und zukünftig ist, mit dem Gegenwärtigen, dem Zwischenstand von kaum Vergangenem und Zukünftigem.Eine weitere wichtige Komponente kommt hinzu: Der Raum. Von diesem besitzen wir ein konkretes Bild, eine klare Vorstellung. Wir durchschreiten Räume, erkennen weite, ferne Horizonte, schaffen uns eigene, uns umgebende Räume mit unseren Behausungen. Schwieriger ist es, wenn wir uns mit den Räumen und Entfernungen des Weltalls befassen. Seit Jahren liefert das Raumteleskop „Hubble“ faszinierende Bilder von Sternennebeln, Galaxien, Himmelskörpern Gaswolken, von gewaltigen Explosionen, „schwarzen Löchern“. Das Paradoxe dieser Abbildungen ist die Tatsache, dass sich das und bietende Bild Zuständen entspricht, welche unterschiedlich weit und zwar bis in den Bereich von Milliarden von Lichtjahren zurückliegen.
Das heisst wir nehmen den Eindruck einer Gleichzeitigkeit, in Wahrheit aber von Ungleichzeitigem wahr, zu einer Zeit also da die Erde wohl als Planet noch nicht vorhanden war. Das Licht, das den Energie zu uns transportiert, benötigt für die unvorstellbare Strecke Jahrmillionen an zeit. Das, was wir jetzt und zukünftig zu sehen bekommen, hat sich vor langer vergangener Zeit ereignet. Raum-Licht und Zeit sind die Faktoren, die es uns ermöglichen, all dies zu erfahren. Was hat dies mit den Gemälden von Helmut Schober zu tun? Vieles, aber auch nicht alles. Vieles, wenn man sich wie er künstlerisch mit den drei genannten Konstanten intensiv auseinandersetzt und bildliche Umsetzungen dafür schafft, weniger, wenn man meint, Schobers Bilder seien den von der Raumfahrt gelieferten Bildern nachempfunden. Letzteres scheint das Ergebnis einer oberflächlichen Betrachtungsweise und nicht das eines der malerischen und künstlerischen Möglichkeiten verpflichteten Sehens und Fühlens, zu sein. Schober „illustriert“ keine Weltraumvorstellungen, indem er die uns bekannten fotografischen Bilder variiert, sondern er bringt Emanationen von Raum, Licht und Zeit hervor, die mit malerischen Mitteln geschaffen und sichtbar gemacht werden. Es gibt kaum einen Künstler, dem es wie Schober gelungen ist, Raum, Licht und Zeit zu visualisieren und uns eine Welt vor Augen zu führen, die wir so noch nicht gesehen haben. Er zeigt uns Phänomene, deren Beschaffenheit wir zwar erahnen, die wir aber nicht in Bilder – Images – verwandeln können. Schober hat die Fähigkeit und Gabe
dies zu verwirklichen. Es sind Bilder von elementarer Schönheit und Wucht, keineswegs lieblich und harmoniesüchtig, sondern kraftvoll, energiegeladen und manchmal durchaus von gewaltiger zerstörerischer Kompromisslosigkeit. Schobers neue Bilder, deren Formate
gegenüber den früheren reduziert wurden ohne dabei an Intensität der räumlichen Dimension und Strahlkraft einzubüßen, besitzen eine malerische Reife, die die Frucht seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit seinem malerischen Verfahren ausmacht. Die Bildwirkung
wird durch die Aufnahme paralleler Bewegungsschwünge, die aus dem dunkleren Fond herausgearbeitet sind, durch die Bildfläche sich ziehende Leuchtadern und Rot-Violettvariationen erhöht, was seinem Gesamtwerk neue Impulse hinzufügt. Auf Schobers Leinwänden manifestiert sich pure Malerei, denn sie zeigt auf, was mit anderen technischen Möglichkeiten, die etwa den zeitbedingten „Neuen Medien“ unerreichbar ist, nämlich die Darstellung von starker Bewegung in der Ruhe, das Haptische der Malerei, die Raffinesse der illustrieren Dreidimensionalität, die „bellezza“ des Gesamteindrucks der Malerei, die Raumtiefe in der Fläche, hervorgerufen durch extreme Farbgegensätze. Seine Werke wirken aus einem hellen Kern heraus, der von dunklen Graphitlagen umgeben ist, wobei Wellenbewegungen
den Kern umgeben oder ihn überblenden. Oft sind diese Linienbänder mit Lichtpartikeln besetzt, was ein blitzartiges Aufleuchten in der Dunkelheit hervorbringt. Den Eindruck des Erhabenen, den diese Bilder durchaus vermitteln, haben mit Esoterischem, wie manche
Interpreten vermuten, nichts zu tun. Hier wird nicht einem elitären Lichtkult gehuldigt, sondern diese Werke zeigen die Kräfte der Malkunst auf. Sie verdeutlichen, dass dieses seit Urzeiten benutzte Mittel lebt und nicht tot ist – wie es immer wieder proklamiert wird – sondern sich wie ein Phoenix aus der Asche erschaffen kann.

Am Anfang war das Licht
Zu Helmut Schobers Lumen-Bildern
Gottfried Knapp
(publiziert in: Helmut Schober – Lumen, hrsg. Von Peter Anselm Riedl, Verlag Mudima, Mailand 2007)

Der elementare Vorgang der Trennung
von Licht und Finsternis, der in allen Schöpfungsmythen mit Worten beschworen wird, ist mitmalerischen Mitteln wohl selten eindrucksvoller visualisiert worden als in den großen Gemäldezyklen, die Helmut Schober seit 1991 in dichter Folge geschaffen hat. Licht, die Urvoraussetzung für die Sichtbarkeit der Erscheinungen und darum auch die Grundbedingung für alle Formen der Bildnerei, wird in diesen Gemälden – wie in den Anfangsworten der Bibel – zum machtvoll schöpferischen Urelement, das die herrschende Finsternis teilt, die Einheitsmasse des Dunkels gewaltsam aufsprengt und mit seinen Eruptionen den chaotischen Urzustand der sich formenden Welt sichtbar macht. Das reine, ungemischte Farbpigment, mit dem Schober das überirdische Leuchten auf seinen Bildern erzeugt, und die feinen Streuungen von Graphitstaub, die sich wie Schatten darüberlegen, Geologisches zu simulieren scheinen, wurden als kosmische Visionen, als Bilder aus der Entstehungsgeschichte des Alls, als Visualisierungen interstellarer Ereignisse empfunden und interpretiert. Die Vorstellung, dass die Haut, die noch über der verborgenen Energiequelle liegt, reißen könnte, dass die gebündelte Gewalt sich entladen, der Glutherd explodieren könnte, hat etwas Bedrohliches. Aus einem der Feuerkessel ist die Glut schon davongestorben.: Lichtstaub rieselt über das Bild herunten; eine Milchstrasse scheint sich zu bilden. Doch je tiefer man sich einlässt auf die makrokosmischen Assoziationen, desto weiter entfernt sich das Geschehen von unserer Realität. Was wir in Schobers Weltraum zu entdecken glauben, ist nicht ein aktuelles hitziges Brodeln der Elemente, sondern ein zeitliches Ereignis, eine Bewegung von unendlicher Langsamkeit in zeitlich wie räumlich schier undenkbar weiter Ferne. Es mögen Millionen von Lichtjahren sein, die uns von diesen kosmologischen Fluktuationen und von dieser gewaltigen Emission farbigen Lichts trennen. Wir können diese Bilder auch als rein malerische Ereignisse erleben: Es sind künstlerische Mittel, die uns diese soghafte Tiefe und Ferne suggerieren, uns diese Bewegung durch Raum und Zeit vermitteln. Die Malerei holt uns, wenn es sein muss, aus dem All wieder zurück auf die flache Leinwand, lässt uns staunen über das meisterhafte In- und Übereinander von Acrylfarben, feinen Graphitspänen und verrieselten Pigmenten, über das handwerklich geschaffene Bildwerk.

Peter Anselm Riedl
„Immer bleibt das Licht das zentrale Thema, und immer ist dieses Licht in Zusammenhängen gezeigt, die es benennbar und zugleich unfassbar erscheinen lassen. Es ist bezeichnend, dass der Versuch der Beschreibung der Bilder nicht ohne Vokabeln aus Meteorologie
und Astrophysik auskommt, ohne dass damit Bestimmungen gelängen, die über Analogisches hinausgehen. Und was für Sichtbares gilt, gilt umso mehr für das, worauf viele Titel anspielen: die Dimension der Zeit.“

Helmut Schober
„Diese Bilder sind sowohl naturwissenschaftliche Fiktionen als auch Zukunftserfahrung. Für mich sind sie greifbare Wirklichkeit. In dem Sinne, dass sich heute die Naturwissenschaften philosophischen Spekulationen und Interpretationen öffnen (Chaos- und Fraktaltheorie).
Es sind Erscheinungsformen, die insofern real sind, als sie in der Malerei sichtbar gemacht werden, nicht etwa vorhandene Formen des Natürlichen, die in ein System eingebunden wären. Nur die wesenhafte Wirklichkeit des Bildes besteht.“

Helmut Herbst
„Es gibt kaum einen Künstler, dem es wie Schober gelungen ist, Raum, Licht und Zeit zu visualisieren und uns eine Welt vor Augen zu führen, die wir so noch nicht gesehen haben. Er zeigt uns Phänomene, deren Beschaffenheit wir zwar erahnen, die wir aber nicht in Bilder – Images – verwandeln können. Schober hat die Fähigkeit und Gabe dies zu verwirklichen. Es sind Bilder von elementarer Schönheit und Wucht, keineswegs lieblich und harmoniesüchtig, sondern kraftvoll, energiegeladen und manchmal durchaus von gewaltiger zerstörerischer Kompromisslosigkeit. Schobers neue Bilder, deren Formate gegenüber den früheren reduziert wurden ohne dabei an Intensität der räumlichen Dimension und Strahlkraft einzubüßen, besitzen eine malerische Reife, die die Frucht seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit seinem malerischen Verfahren ausmacht.“ Die neuen Bilder sind perfekt auf ihr Format abgestimmt. Ihre Komposition ist konzentrierter, überschaubarer und auf ein einziges dezentrales Lichtereignis abgestimmt. Die Bildhaut ist feinkörniger als je zuvor. Gewiss besteht Schobers Luminismus in seinen wesentlichen Qualitäten fort. Er bildet Licht nicht ab, wie es von außen fällt. Die Lichtquelle (das alte Rätsel) ist nicht auszumachen. Das Licht entspringt auch nicht, wie das Farblicht der Moderne, spektraler Buntheit, sondern leuchtet in sich selbst. Als Basis dienen Grafitpigmente. Darüber liegt jeweils ein glühendes Rot, lichtstarkes Gelb oder mondkaltes Blau.

Die oberste Schicht der Malerei wird körnig, sehr körnig aufgetragen. Das hat nicht nur Folgen für das topographische Relief der Gebirgszüge, Inselbögen und verstreuten Atolle. Die gröberen Pigmente werfen, wie kristalline Reflektoren, Außenlicht zurück. Ihre rauere Beschaffenheit richtet förmlich Erhebungen auf, an denen sich das Licht bricht und staut. Das gibt den Bildern ihren besonderen Glanz und Widerschein. Im Verein mit der Interaktion differenzierter Farben entsteht daraus das oszillierende, innere Leuchten der Bilde. Sie strahlen ein kinetisches Raumgefühl aus: Trichter saugen den Blick an, je länger wir uns auf den bewegten Widerschein einlassen. Meist kommt unserem Auge nicht einmal die Andeutung eines Perspektivfragmentes entgegen, kein von Vorder- und Hintergründen, nur ein
kontinuierlich wogender, sich materialisierender, verdichtender und wieder in Gaswolken verlierender Raum. Seine Dynamik verschmilzt mit dem Licht, das sein eigentliches Movens ist.


 

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